Beschichtungssimulation zur Prozessoptimierung und zum schnelleren Start in die Serie

Der Einsatz von Simulationssoftware ist heute in vielen Bereichen schon Standard. Simulationstechnik hilft dabei, schon lange vor der Serienproduktion Verbesserungspotential von Bauteilen und Komponenten aufzuspüren und entsprechende Konstruktionsanpassungen vorzunehmen. Auch in der Galvanotechnik ist der Einsatz vom Simulationssoftware möglich und liefert wertvolle Hinweise zur Prozessoptimierung oder auch für Konstruktionsanpassungen, die den Beschichtungsprozess vereinfachen. So kann der Software-Einsatz nicht nur für den schnelleren Start in die Serie, sondern auch für Kostenoptimierungen sorgen.

Schneller in die Serie starten

Eine neue Software ermöglicht der Holzapfel Group, Beschichtungssimulationen für die Zink-Nickel-Beschichtung darzustellen. Die Simulationssoftware kann anhand von FEM-Software die theoretische Schichtabscheidung an komplexen Bauteilen simulieren. Dadurch können Optimierungen abgeleitet werden, die den Beschichtungsprozess positiv beeinflussen und zum schnelleren Start in die Serie bzw. die Verkürzung des time-to-market führen.

Um die Simulation mit dem Simulationsprogramm vorzunehmen, stellen die Interessenten bzw. Kunden 3D-Dateien zur Verfügung. Diese Daten werden in die Simulation geholt, in der auch ein „digitaler Zwilling“ der Beschichtungsanlage angelegt ist. Auch der Elektrolyt ist digital abgebildet. Im Modell werden dann die Bauteile, die mittels 3D-Datensatz des Kunden in die Software importiert wurden, am Gestell angeordnet. Parameter wie Hilfsanoden und natürlich Strom sowie Zeit - also wie lang und unter welcher Stromzugabe die Bauteile im Beschichtungsbad verbleiben - werden ebenfalls berücksichtigt.

Schichtabscheidung schon in Konstruktionsphase simulieren

Die Software simuliert anhand dieser Daten die Schichtabscheidung schon in der Konstruktionsphase, inklusive Berechnung von Gestell und Beschichtungsprozess, und erstellt daraus eine Ansicht mit der erwarteten Schichtstärke. Mit dieser Visualisierung kann anhand unterschiedlicher Farbgebung auf einen Blick erfasst werden, in welchen Bereichen die Schichtdicke in Ordnung ist bzw. wie die Schichtdicken-Range verteilt ist. Unterschiedliche Farben zeigen in der Grafik die verschiedenen mµ -Bereiche der Beschichtung an und wo ggf. problematische Bereiche sind. Der Beschichter kann nicht nur sehen, wie die Schichtdicke am Gestell verteilt ist, sondern auch wie sie an den einzelnen Bauteilen gestreut ist.

So können potentielle Schwachstellen schnell erkannt werden. Mit verschiedenen wird Messpunkten analysiert, wo überall am Warenträger die Schichtdicke in der erforderlichen Range liegt. Auch die Stromdichte und Verteilung der Schichtstärke werden mit Hilfe der Simulation genau betrachtet. Auf der Basis dieser Analysen werden entsprechende Anpassungen der Prozessparameter vorgenommen, bspw. durch die Anpassung von Anoden, Blenden, Stromzufuhr oder der Aufhängung am Gestell. Eine Idee für ein Gestell kann auf diese Weise virtuell ausprobiert werden, ohne tatsächlich ein Gestell zu bauen, wie es sonst auch für Bemusterungen üblich und notwendig ist. Anpassungen können mit Hilfe der Simulation vor dem tatsächlichen Gestellbau vorgenommen und durchgetestet werden. Die Gestellentwicklung läuft dadurch deutlich schneller ab. Auch die Anzahl an Ausschuss-Teilen im späteren Serienprozess kann so schon sehr früh minimiert werden, die Qualität der Beschichtung steigt. Dank der Simulation können ggf. auch Konstruktionsanpassungen am Bauteil vorgenommen werden, die den Beschichtungsprozess erleichtern.

Komplexe Bauteile erfordern komplexere Prozesse

Während früher überwiegend einfache Bauteile in einem meist recht simplen Galvanikprozess beschichtet wurden und häufig auf „Erfahrungsbasis“ kalkuliert wurde, wird dieser Prozess heute immer umfassender. Anspruchsvolle, komplexe Bauteile mit vielschichtigen Geometrien erfordern eine gleichmäßige Schichtdickenverteilung, ein optimiertes Abscheideverhalten, bspw. durch Innenanodentechnik, und eine spezifische Gestelltechnik (Dreh-/Kippgestelle etc.). Diese Parameter machen den Beschichtungsprozess insgesamt deutlich komplexer.

Dadurch gewinnt auch die interdisziplinäre Projektarbeit schon in der Konstruktionsphase an Bedeutung. Die Simulation der Beschichtungsprozesse in dieser frühen Phase unterstützt bei der galvanogerechten Arbeitsvorbereitung mit Simulation der Warenträgerbelegung. Durch diese Prüfung vor dem Serienstart kann die Holzapfel Group bereits vor dem Prototypenbau effektive Aussagen zum Beschichtungsprozess treffen. Interessant ist die Simulation vor allem für komplexe Bauteile.

Versuchsaufwand bei der Neuentwicklung sinkt

„Ein großer Vorteil der Simulationssoftware ist, dass wir den praktischen Versuchsaufwand bei der Neuentwicklung von Schichtsystemen und der Optimierung der Beschichtungsparameter deutlich reduzieren“, so Michael Immel, Innovationsmanager bei der Holzapfel Metallveredelung GmbH. „Wir können die Auslegung der Beschichtungsprozesse gezielt optimieren und verbessern zugleich das Prozessverständnis für das jeweils betrachtete Bauteil.“

Die Simulation der elektrochemischen Prozesse optimiert galvanische Prozesse wie die Zink-Nickel-Beschichtung, ist aber auch für Beschichtungsverfahren wie Anodisieren grundsätzlich möglich.


Ansicht Beschichtungssimulation Holzapfel Group

Ansicht einer Beschichtungssimulation mit einem beispielhaften Bauteil (Gehäuse):
Auf der linken Seite sind Bauteile zu sehen, die mit einer zusätzlichen Innenanode beschichtet werden, die Bauteile rechts simulieren die Beschichtung ohne Innenanode.
Die Teile auf der linken Seite sind vollständig mit 8 µm beschichtet, diejenigen rechts sind deutlich unterbeschichtet (Farbgebung: Blau nach Rot zeigt eine steigende Schichtdicke, blaue Bereiche sind optimal beschichtet; eine graue Farbe zeigt eine zu dünne Beschichtung oder es ist keine Beschichtung vorhanden).